Veröffentlichungen

ACTA ORGANOLOGICA 33 - Kurze Zusammenfassungen

Danijel Drilo

Die Orgelmanufaktur Heferer in Zagreb

Im Jahre 1849 gründete Michael Heferer (1825–1887) in Graz (Steiermark, Österreich) eine Orgelbauwerkstatt, die er 1868 nach Karlovac (Kroatien) verlegte. Seit 1870 hat die Firma ihren Sitz in Zagreb. Heferer baute zunächst Schleifladen-Orgeln und ging später auf die mechanische Kegellade über. Unter seiner Leitung wurden 122 Instrumente hergestellt. Nachfolger wurde sein Neffe Ferdinand Heferer (1853–1928). Dieser führte später die Pneumatik nach verschiedenen eigenen Systemen ein, außerdem befasste er sich auch mit der Konstruktion neuartiger Register wie Bariton 8', Euphon 16' und Ocarina 4'. Bis zum I. Weltkrieg blühte die Firma unter seiner Leitung. Da er keine Kinder hatte, wurde sein Neffe August Faullend Heferer (1881–1941) Nachfolger. Nach 1918 waren die Verhältnisse für den Orgelbau nicht günstig. Faullend Heferer widmete sich deshalb stärker dem Klavier- und Harmoniumbau und auch dem Handel mit ausländischen Produkten. Auch sein Sohn und Nachfolger Ivan Faullend Heferer (* 1927) konnte nur wenige Orgeln bauen. Seit 1991 ist er zusammen mit seinen zwei Söhnen vor allem als Restaurator für Orgeln, Positive, historische Klaviere und Harmoniums tätig.

[Acta Organologica 33, 2013, 267-298]


Andreas Hahn

Die Barockorgel in Dreilützow

Das prachtvolle Instrument mit 6 Registern ohne Pedal wurde 1708 durch einen unbekannten Orgelbauer erbaut. Es gehörte ursprünglich wahrscheinlich der Familie von Diethmersen in Lüneburg und kam später in die Lüneburger Kirche St. Lamberti. 1801 wurde die Orgel in der Kirche von Camin (Mecklenburg) aufgestellt, wo Friedrich Friese im Jahre 1833 ein angehängtes Pedal hinzufügte. Seit 1853 steht die Orgel in Dreilützow (Mecklenburg). Dort wurden die Balganlage die Mechanik und die Klaviatur verändert. 1917 wurden die Prospektpfeifen entfernt, 1945 und 1946 verlor die Orgel weitere Pfeifen. 1953 nahm die Firma Schuke (Potsdam) eine Restaurierung und Teil-Rekonstruktion vor. Im Jahre 2004 erfolgte eine Restaurierung und Rekonstruktion durch Jehmlich Orgelbau Dresden. Dabei wurden das fehlende Register Tromet 8', die Manualklaviatur und ein Balg mit sieben Falten neu gebaut. Vom ursprünglichen Pfeifenbestand (1708) sind noch 174 Pfeifen (41 %) erhalten. Die Stimmtonhöhe beträgt 450 Hz bei 15 °C und 65 mm WS. Für die Temperierung wurde Werckmeister III gewählt.

[Acta Organologica 33, 2013, 41-72]


Andreas Ostheimer

Die englische Orgel in der neuapostolischen Kirche Lindau und ihre Labialpfeifenmensuren

Die neuapostolische Kirche in Lindau erhielt 2011 eine Orgel aus England, die zuvor in Millbrook, Greater Manchester, stand. Dort wurde sie George Benson (mit Baujahr ca. 1885) zugeschrieben. Aber einige Details an Gehäuse und Spieltisch lassen vermuten, daß sie aus der Werkstatt von Henry Willis (ca. 1870) stammt. Diese These wird anhand mehrerer Dispositionen kleinerer Instrumente von George Benson, Henry Willis und Alexander Young diskutiert. Auch werden die Mensuren der labialen Register untersucht und deren Konstruktionsprinzipien in Diagrammen dargestellt. Ein Vergleich mit Mensuren von Henry Willis zeigt Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten. Damit wird die Zuschreibung an Willis noch wahrscheinlicher.

[Acta Organologica 33, 2013, 401-446]


Alfred Reichling / Matthias Reichling

Steinmeyer-Orgeln im Tiroler Raum. Oder: Der Weg zum Erfolg ist oft dornenreich

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wirkten sich der allgemeine Bevölkerungszuwachs, besonders in den Städten, und die zunehmende Industrialisierung auch auf den deutschen Orgelbau aus. Es wurden neue Kirchen gebaut, für die man Orgeln benötigte. Dazu kam das Streben nach Modernisierung, weshalb viele der vorhandenen Orgeln durch neue ersetzt wurden. Die Temposteigerung in Handel und Verkehr und die zunehmende Konkurrenz unter den Anbietern versetzten oft auch die Orgelbauer in Hektik. Nicht selten kam es vor, dass der Termin der Einweihung einer Orgel zusammen mit der Einweihung der neuen Kirche vom Auftraggeber bereits festgelegt wurde, als der Kirchenbau gerade begonnen hatte. Der Orgelbauer wusste aber womöglich bis wenige Monate oder gar Wochen vor dem Liefertermin noch nicht recht, wie er die Orgel bauen und installieren konnte, und hinterher hatte er bisweilen große Mühe, den noch ausstehenden Rechnungsrest zu erhalten. Eine wichtige Rolle spielten die Verhandlungen mit den jeweiligen Kirchenarchitekten, manchmal auch mit den Donatoren. Gute Beispiele für diese Verhältnisse bieten die vier Aufträge der Firma G. F. Steinmeyer & Co. in Oettingen für Orgeln im Tiroler Raum (in den Grenzen vor 1920): Meran, ev. Kirche, 1885; Terlago, kath. Kirche, 1887; Innsbruck, ev. Kirche, 1906 (Nachfolgerin einer Orgel von Anton Behmann, 1895, in der alten Kirche); Bozen-Gries, ev. Kirche, 1908. Die Orgeln für Meran und Terlago wurden unter der Leitung des Firmengründers Georg Friedrich Steinmeyer mit mechanischen Kegelladen erbaut. Sie besitzen heute noch die originalen Zinn-Prospektpfeifen. Die beiden jüngeren Orgeln entstanden unter der Firmenleitung von Johannes Steinmeyer; sie erhielten pneumatische Taschenladen und Zink-Prospektpfeifen. Die Innsbrucker Orgel, die zu einem bedeutenden Teil von der Baronin Marie von Mangoldt (Traunstein) gestiftet wurde, ist unverändert erhalten; die jüngste Orgel in Bozen-Gries wurde ein Opfer des II. Weltkriegs. Die alte Behmann-Orgel von Innsbruck steht (von Karl Reinisch pneumatisch umgebaut) seit 1907 in der Hl. Geist-Kirche zu Matrei am Brenner.

[Acta Organologica 33, 2013, 299-400]


Hildegard Tiggemann

Bückeburger Orgelbauwerkstätten während des Dreißigjährigen Krieges

In den Jahren 1612–1620 erbaute Esaias Compenius für die lutherische Stadtkirche Bückeburg eine Orgel, die Graf Ernst III. von Holstein-Schaumburg gestiftet hatte. Compenius war ein sehr berühmter und geschickter Orgelbauer, aber zugleich bekannt durch seine Unzuverlässigkeit, weshalb sich der Bau dieser Orgel sehr in die Länge zog. Esaias' Sohn und Mitarbeiter Adolph Compenius erhielt im Jahre 1617 den Auftrag für den Bau einer Orgel in der reformierten Schlosskirche zu Bückeburg. Er heiratete 1619 die Tochter eines Bückeburger Bürgers und konnte dadurch in Bückeburg eine eigene Werkstatt eröffnen. 1621 erbaute er eine Orgel für St. Nikolai in Rinteln. 1626 zog er nach Hannover, wurde Organist an St. Aegidien und war weiterhin als Orgelbauer tätig. Anfang der 1620er Jahre zog Johann Siborg von Göttingen nach Bückeburg und erbaute u. a. eine Orgel für Varel (1639). Sein Bruder Jost ließ sich sich ebenfalls in Bückeburg nieder; beide zusammen waren 1634–1643 mit einem Neubau für die Liebfrauenkirche in Bremen beschäftigt. Von Jost Siborg sind neben anderen Arbeiten auch Neubauten für Riepe (1641), Westerhusen (1642-43), Sengwarden (1643) und Meeden (Niederlande; Vertrag 1643) bekannt.
Ein umfangreicher Exkurs befasst sich mit Michael Praetorius und Darstellungen von König David, Jubal, Pythagoras usw. an den Orgeln in der ehemaligen Riddagshausen und Augsburg, St. Anna (Fuggerkapelle).

[Acta Organologica 33, 2013, 11-40]


Franz-Josef Vogt

Zur Orgelgeschichte des Moerser Lehrerseminars

Obwohl jedes der bis 1925 in Deutschland bestehenden Lehrerseminare für die Ausbildung der Lehrer-Organisten mit den entsprechenden Instrumenten ausgestattet war, ist es aufgrund der sehr spärlichen Quellenlage schwierig, einen genauen Überblick über die Seminarorgeln zu gewinnen. Eine der wenigen Ausnahmen stellt das Lehrerseminar in Moers (Kr. Wesel) dar, bei dem sich die Orgelgeschichte zumindest einigermaßen rekonstruieren lässt. Für die 1823 eingerichtete Lehrerbildungsanstalt wurde zunächst eine Orgel übernommen, die vorher in der Bonner Schlosskirche gestanden hatte und auf der schon Beethoven und sein Lehrer Neefe gespielt hatten. Im Laufe des 19. Jahrhunderts lässt sich die Orgelbauwerkstatt Ibach aus (Wuppertal-) Barmen mit drei Instrumenten nachweisen, von denen das größte vermutlich in der Aula gestanden hat und später an das Lehrerinnen-Seminar in Xanten abgegeben wurde. Nach dem Neubau des Moerser Seminars lieferten die Gebr. Dinse aus Berlin 1877 eine neue Aula-Orgel. 1895 folgte eine Übungsorgel (II/P, 7) von Friedrich Meyer aus Herford. Nach der Schließung des Seminars übernahm das Gymnasium Adolfinum 1928 die Baulichkeiten, die im Zweiten Weltkrieg bis auf die Außenmauern zerstört wurden.

[Acta Organologica 33, 2013, 73-78]


Klaus Walter / Wolfram Hackel / Gert Rothe

Urban Kreutzbach (1796–1868). Leben und Werk

Urban Kreutzbach wurde 1796 in Kopenhagen in einer deutschsprachigen Familie geboren. Er kam um 1820 nach Sachsen und gründete 1828 in Borna, südlich von Leipzig, eine Orgelbauwerkstatt. Bald gehörte er zu den führenden Orgelbauern der Region. Die Werkstatt Kreutzbach wurde 1868 von den Söhnen Bernhard (bis 1875) und Richard Kreutzbach bis zu dessen Tod 1903 fortgeführt. Zu den Mitarbeitern Kreutzbachs, die später eigene Werkstätten gründeten, gehörten unter anderen Friedrich Ladegast, Gotthilf Bärmig, Julius Strobel, Friedrich Gerhardt, Emil Müller und Carl Eduard Schubert.
Der Text gibt Auskunft über technische Einzelheiten der Kreutzbach-Orgeln (Windladen, Register usw.) und behandelt anschließend ausführlich alle bekannten 89 Orgeln einzeln. Angaben über nicht ausgeführte Projekte bilden den Schluss.

[Acta Organologica 33, 2013, 79-266]