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62. Internationale Orgeltagung in Bergamo
Die Provinz Bergamo ist reich an Orgeln. Zu den führenden Orgelbauern der Vergangenheit gehören die Familien Bossi und Serassi, die von der zweiten Hälfte des 18. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts dort lebten und wirkten. Sie standen in Konkurrenz zueinander und prägten einen ganz besonderen Orgeltyp, der heute für das ‚Ottocento Lombardo‘ steht.
Auf der Basis der italienischen Renaissance-Orgeln, wie sie von Antegnati geschaffen wurden (eines seiner Instrumente ist in der Nähe von Bergamo noch erhalten), Orgeln, die sich durch ein strahlendes ‚Ripieno‘ und nur wenige Flötenregister auszeichnen, fügten sie ihren Dispositionen weitere Register hinzu, um verschiedene Soloinstrumente zu imitieren. Später folgten sie der Musikkultur des Landes, besonders der Liebe zur Oper, was sich z. B. darin äußert, dass die Orgeln mit allerlei Schlagwerk (Trommeln, Becken etc.) ausgestattet wurden.
Im gesamten 19. Jahrhundert wurden in der Liturgie Stil und Themen aus Opern imitiert. Die Komponisten übten mit ihrer Musik auf die Orgelbauer starken Einfluss aus – die großen Instrumente wurden in orchestralem Stil erweitert.
Eine der Hauptfiguren jener Zeit war der Priester Padre Davide da Bergamo. Er stand mit der Familie Serassi in engem Gedankenaustausch, und sein Sekretär schrieb ein ganzes Buch mit Vorschlägen für Registerkombinationen.
Sowohl Bossi als auch Serassi standen mit ausländischen Orgelbauern in Kontakt und erlangten so auch Kenntnisse über neue Ideen außerhalb Italiens; gleichwohl blieben sie bis zum Ende des Jahrhunderts dem traditionellen Design ihrer Instrumente treu: mechanische Traktur, Teilung der Register in Diskant- und Basslage (wie sie auch in Spanien üblich war), kurzer Pedalumfang und zahlreiche Soloregister.
Allerdings änderte sich mit der Zeit nicht nur der Musikgeschmack der Menschen, sondern ebenso die Toleranz der katholischen Kirche. Im Zuge des Cäcilianismus, der von Deutschland aus nach Italien kam, wurden neue Regeln für die liturgische Musik und zum Orgelbau aufgestellt, die schließlich 1903 von Papst Pius X. klar definiert wurden.
Viele Orgeln erhielten in der folgenden Zeit elektrische oder pneumatische Traktur, und die Einflüsse der französischen Symphonik und der deutschen Orgelromantik gelangten nach Italien. Neue wichtige Namen für den italienischen Orgelbau waren nun Vegezzi, Bossi, Balbiani, Mascioni, Tamburini.
Wie in anderen Ländern auch wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zahlreiche Orgeln stark verändert: die Dispositionen wurden modernen Vorstellungen angepasst, und auch die Bewegungen zurück zur (mechanischen) Barockorgel machten vor Italien nicht halt.
Erst in den 1970er Jahren wuchsen die wissenschaftlichen Kenntnisse, mit deren Hilfe es möglich wurde, historische Orgeln zu retten, soweit möglich in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen und damit ihre künstlerischen Wurzeln wiederherzustellen.
In den letzten 30 Jahren wurden in der Provinz Bergamo etwa 160 Instrumente vollständig restauriert. Mit ihnen ist ein bedeutender musikalischer und historischer Schatz zurückgewonnen worden. Ein wichtiger Ausgangspunkt hierfür war die Konzertreihe Rassegna Organistica su organi storici della Bergamasca, in der junge Künstler dazu angeregt wurden, die Geschichte jener Orgeln im Detail zu studieren und danach ihre Erkenntnisse im Programmheft zu publizieren.
Wie überall in Italien sind in den letzten Jahren kaum neue Orgeln errichtet worden, teilweise aus finanziellen Gründen. Doch in der jüngsten Vergangenheit ist die Orgellandschaft wieder in Bewegung …
Unser Dank geht an:
- Fabio Galessi
- Sandra Münch
- Chiara Gambirasio
- Eugenio Maria e Ave Maris Stella Fagiani
- Don Gilberto Sessantini
- Pietro Corna
- Claudia Sartirani, Assessore alla Cultura Comune di Bergamo
- Terry Stevens, Stevens & Associates, Swansee (UK)
- Andrea Macchiavelli, CeSTIT Università di Bergamo
Hier finden Sie das Programm der Tagung.